Aggressionen beim Fussball

  • Ich bin ja nun gebürtiger "Yankee" (wie man hier in Deutschland wohl immer noch so schön sagt) und verfolge den Fussball nur am Rande und gänzlich ohne Emotionen. Ok, fast gänzlich. Ich habe Sympathien für ein Team. Aber sowohl Siege, als auch Niederlagen, werden von mir eher zur Kenntnis genommen, als alles andere.

    Kann mir bitte jemand etwas beantworten, was ich seit vielen Jahren nicht verstehe?

    Warum schlägt im Fussball so häufig die Emotion in regelrechten Hass um? Selbst bei Personen, die sich sonst völlig normal über etwas unterhalten, sich seit Jahren kennen, kommt es oftmals zu sehr erregten Diskussionen, wenn es um ihre geliebten Teams geht. Rationale Argumente sucht man auch hier oftmals vergeblich. Die Emotion scheint hier die Verbindung zum Gehirn kurzzeitig zu kappen.

    Selbstverständlich bin ich auch äußerst engagiert bei der Sache, wenn es um meine Bears geht. Auch im Stadion. Aber in besagtem Stadion (oder in den Stadien der NFL) ist die Atmosphäre doch wesentlich entspannter, als das beim Fussball in Europa (oder Südamerika) der Fall ist.

    I started out with nothing and I still got most of it left.

  • Schwer zu sagen.
    Ich glaube es liegt zum Teil daran das es z.B. in den amerikanischen Ligen NFL, NHL, NBA usw keinen Auswärtsblock für die Fans gibt
    In der Gruppe ist man halt nun mal stärker, und dann entwickelt sich eine gewisse Gruppendynamik die nichtmehr aufzuhalten ist.

    Ich war z.B. vor einigen Jahren in London, Bucs gegen Patriots. Ich war direkt neben einem Patriot gesessen. Er hatte keine Aggressionen ich hatte keine Aggressionen ihm gegenüber, Jeder hat sein Team angefeuert und fertig.
    Wenn ich da mit 100 Bucs in einem Block gewesen wär, und neben "uns" 100 Patriots gewesen wären dann wär das sicherlich nicht so Harmonisch abgelaufen

    Aber ich würde nicht sagen das es nur beim Fussball so ist, das gibts ja auch bei Demonstrationen oder so

    2 Mal editiert, zuletzt von Pick-Six (12. Januar 2014 um 21:19)

  • Ich glaube es liegt zum Teil daran das es z.B. in den amerikanischen Ligen NFL, NHL, NBA usw keinen Auswärtsblock für die Fans gibt
    In der Gruppe ist man halt nun mal stärker, und dann entwickelt sich eine gewisse Gruppendynamik die nichtmehr aufzuhalten ist.

    Es geht ja gar nicht um das Verhalten im Stadion unter Gleichgesinnten, sondern wenn man sich in der Kaffeepause über den letzten Spieltag unterhält.

    Ich denke Fussball ist für viele wie eine Religion bzw. eben eine Ersatzreligion und entsprechend werden da Überzeugungen und Emotionen reingepackt.

    Ich weiss gar nicht, ob das beim (deutschen) Fussball wirklich soviel verbreiteter ist wie bei anderen Sportarten oder eben auch in anderen Ländern und Ligen :madness . Auch ich habe in den USA von verschiedenen NFL- und College-Fans schon ernsthaft Hasstiraden gegenüber anderen Teams (in der Regel direkte Rivalen - also bei UCLA dann USC und bei den Raiders die Broncos oder Steelers) gehört :ja: . Nur bei wenigen, aber eben auch da.

  • Vielleicht ist der Unterschied zu den Amis einfach auch, dass man in der Regel ein Team hat zu dem man steht und nicht mindestens 4 wie die meisten in Amerika. Damit konzentriert sich das "Fan-Sein" auf eine Mannschaft und man ist mit viel mehr Emotion dabei, was nicht bedeuten soll, dass Amerikaner schlechte Fans sind. Meine Theorie..

  • Zitat von [TheDude];1316135

    Vielleicht ist der Unterschied zu den Amis einfach auch, dass man in der Regel ein Team hat zu dem man steht und nicht mindestens 4 wie die meisten in Amerika. Damit konzentriert sich das "Fan-Sein" auf eine Mannschaft und man ist mit viel mehr Emotion dabei, was nicht bedeuten soll, dass Amerikaner schlechte Fans sind. Meine Theorie..

    Dieser Theorie kann ich sehr viel abgtewinnen. Ich glaub aber auch, dass in den US Sportarten durch ihre begrenzte Dauer mehr als Erlebnis wahr genommen werden. Die NFL dauert letztich nur 4 Monate häufig. Fußball gibt es das ganze Jahr. Auch haben die Amerikaner mit den technischen Hilfmitteln einen anderen Gerechtigkeitssinn vorgelebt von offizieller Seite. Der ist Fußball einfach nicht gegeben wo man sich begnügt dass Fehler passieren.

  • Zitat von [TheDude];1316135

    Vielleicht ist der Unterschied zu den Amis einfach auch, dass man in der Regel ein Team hat zu dem man steht und nicht mindestens 4 wie die meisten in Amerika. Damit konzentriert sich das "Fan-Sein" auf eine Mannschaft und man ist mit viel mehr Emotion dabei, was nicht bedeuten soll, dass Amerikaner schlechte Fans sind. Meine Theorie..

    Durchaus möglich. Wenn ich mir Pittsburgh anschaue mit seinen 300.000 Einwohnern und gut 2 Mio Einzugsgebiet, dann ist das für die Stadt etwa die Hälfte von Dortmund, im Einzugsbereich evtl. so ähnlich. Da toppen die Steelers die Monate 09 bis 01 und die Pirates die Monate 04-09, zusätzlich die Penguins von 10 bis 05. Und dann noch das College daneben mit Football und Basketball.
    Was wichtig ist, denke ich, ist auch das Franchise-System ohne Abstieg. Man ist enttäuscht von 8-8 bei den Steelers, aber so what, nächstes Jahr auf ein neues. Keine Existenzängste, es sei denn, die Franchise wandert ab (z.B. Cleveland in den 90ern). In Dortmund gibt es außer dem BVB nichts annähernd Wertiges im Sport. Handball mal vor 30 Jahren mit dem OSC Thier oder Eishockey vor 25 Jahren, alles kurzzeitiges Vergnügen "nebenbei".

    Generell würde ich es aber nicht unterschreiben wollen, dass Fußballfans mehr austicken. Da hast Du vernünftige und unvernünftige Leute, ganz wie im normalen Leben. Ich glaube, auf den Gedanken, ein paar Bäume deines größten Rivalen mit Unkrautvernichter zu killen (Auburn/Alabama), ist auch kein besonders vernünftiger Ansatz...vielleicht sind es in den Staaten aber auch die großen Entfernungen zwischen den Städten, jedenfalls im Profibereich, die diese Dynamik herausnehmen. In NRW oder sogar D gibt es zig Fußballvereine auf engstem Raum, da ist Rivalität ganz logisch. Wo gibt es so etwas in den USA? Im College gibt es Rivalitäten innerhalb der Staaten oder max. mit angrenzenden (Ausnahmen sich Notre Dame). Da beschränkt sich das doch automatisch...

    Am Borsigplatz geboren.

  • Aus meiner Sicht gibt es drei Unterschiede,

    1. die Fallhöhe

    Im Soccer gibt es mehr "Schicksalsspiele", ein NFL-Team hat praktisch nichts zu verlieren. Eine grottenschlechte Saison führt nur zum #1 overall pick, mehr nicht. Wenn "mein" HSV sein Saison fortsetzt in der bisherigen Art und Weise, dann geht's knallhart gegen den Abstieg, das Label "zweitklassig" würde mir überhaupt nicht gefallen, ganz abgesehen von der finanziellen Katastrophe, die der HSV im Abstiegsfall kaum verkraften könnte.

    2. Geographie

    Im Football sind Lokalrivalitäten nicht vergleichbar mit den kleinen europäischen Entfernungen. Die Reise ins Herz des "Feindes" (St.Pauli) dauert mit der S-Bahn ca. 30min. In Bremen bin ich in max. 1 Stunden. Durch die große Nähe sind die alltäglichen Berührungspunkte mit den Fans der Rivalen häufiger gegeben als z.B. zwischen Seattle und San Francisco, Dallas und D.C. etc.

    3. "Politik"

    Einige Fußball-Rivalitäten sind übermäßig aufgeladen, weil bestimmte Vereine sich bewußt so positionieren, dass sie ein bestimmtes Image, eine bestimmte Politik repräsentieren etc.

    In Hamburg beispielsweise positioniert sich der HSV als Traditionsverein für die "Normalos", der FC St.Pauli dagegen als stylisher Underdog. In ihren Extremen bilden beide Fangruppen an ihren Rändern dann "folgerichtig" einige linksextremistische (Pauli) bzw. rechtsextremistische (HSV) Tendenzen aus. Aktuell knallt es in HH recht häufig, es hat auch einen Angriff auf eine bekannte Hamburger Polizeiwache gegeben, dabei berichten die angegriffenen Beamten, dass Teile der Angreifer aus dem gewalttätigen Pauli-Milieu stammen sollen (bewußt im Konjunktiv geschrieben, war nicht dabei).

    Worauf ich hinauswill, wenn bestimmte Verein aufeinandertreffen, dann geht es manchmal "gefühlt" auch um Weltanschauungen, Lebensstile, Politik, Religion (old firm, Rangers vs. Celtic), so etwas wäre mir in dieser Ausprägung im US-Sport unbekannt.

    Just Win Baby

  • Text verfasst, automatisch ausgeloggt, nicht gemerkt, Text weg --> Grmpf :mrgreen:

    Noch mal kurz, da ich nicht mehr viel Zeit habe:

    Danke an Eure Rückmeldungen. Mich interessiert das Thema wirklich sehr.

    Ich kann den Gedankengängen durchaus Folgen und sie verstehen. Irgendwie aber auch nicht :mrgreen:

    Wie kann es im Sport heutzutage noch um Politik, Religion, Weltanschauung oder ähnliches gehen? Dies im Bewusstsein, dass das in der Vergangenheit durchaus relativ häufig passierte. Gesteuert von Politikern. Aber heute? Und dann auch in Deutschland, wo Liberalität und Neutralität sehr hoch gehalten werden (zumindest empfinde ich das so)?!
    Wie kann es immer noch zu Hasstiraden kommen? Hass und Tod dem xyz hört man immer noch und nicht gerade selten.

    Klar gibt es auch im US Sport Holzköpfe. Ich persönlich machte vor allem in Philly und bei den Jets einigermaßen schlechte Erfahrunge, wobei ich ausdrücklich gesagt haben möchte, dass ich diese Fangruppen damit nicht automatisch über einen Kamm schere und auch nicht geschert haben möchte!

    Es geht mir aber nicht um das Vorhandensein Selbiger, sondern um die Anzahl der Vorkommnisse und die Intensität. Im US Sport erlebe ich meist eine recht gesunde Rivalität, mit den negativen Ausschlägen nach unten. Selbst hier auf dem Board war kürzlich (im Bears Thread) eine kurz aufflammende Diskussion über Rivalität und es wurde sich über vergleichsweise harmlose Dinge bereits ansatzweise "beschwert", oder besser gesagt, sie wurden angesprochen. Fand ich gut. Ich stehe auf Rivalität mit Respekt.

    Im Fussball höre ich aber immer wieder, bei weitaus schlimmeren Dingen, dass es halt dazu gehöre, oder es wird alles mit Emotionen entschuldigt. Für mich unverständlich und nicht nachvollziehbar. Das war auch die Intension, diesen Thread zu eröffnen. Ich möchte versuchen, zumindest zu erfassen, was da genau passiert. Selbst das ist mir bislang nämlich nicht gelungen :mrgreen: Ob's an der Haarfarbe liegt? :paelzer:

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  • Ich denke was (TheDude) sagte klingt schon ganz gut. Der 2te Punkt (Geographie) von MM, ist glaube ich auch ganz richtig.

    Ich denke das im Laufe der Jahrzehnte solche Strukturen gewachsen sind, in denen Leute mit nem falschen Verständnis von Solidarität, sich in Gruppen zusammenschließen, um sich von einer anderen Gruppe abzugrenzen und sich in ihrem eigenen Lager durch unnötigen Fanatismus profilieren zu können.

    Vielen geht es dabei ja weniger um Fußball, den Verein, oder irgendeine Meinung als um Anerkennung.

    Warum sich das nun in den USA nicht so entwickelt hat, kann ich nicht beurteilen.

    4 Mal editiert, zuletzt von ATL (13. Januar 2014 um 20:20)

  • Zitat

    Keine Existenzängste, es sei denn, die Franchise wandert ab (z.B. Cleveland in den 90ern).

    Weil mir das gerade, beim Überfliegen des Posts, noch einmal aufgefallen ist und ich es vorhin vergessen hatte:

    Welche Existensängste bei den Fans? Ein Abstieg in die Zweite Liga bedeutet ja nicht, dass sich der Verein auflöst. Selbst die Münchner Löwen gibt es noch :mrgreen:

    Existenzängste bei den Angestellten? Sicherlich. Bei den Fans? Dem Gedankengang kann ich im Moment nicht folgen. Fasse ich den Begriff zu eng? Ist da etwas umgangssprachliches, was ich nicht kenne? Alles übrgens ernst gemeinte Frage ohne jegliche Ironie. Ich lernte, dass man das im Internet durchaus des Öfteren erklären muss ;)

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  • First things first:

    Das Thema wird leider in den letzten Jahren ziemlich hochsterilisiert; Fußballspiele gehören zumindest in diesen Breitengraden mit zu den sichersten Massenveranstaltungen überhaupt.


    Zum Thema:

    Ein wichtiger Punkt, der hier noch nicht genannt wurde, ist für mich der, dass Fußballvereine oft auf Grund ihrer Geschichte, ihrer Struktur sowie des gesellschaftlichen Milieus aus dem sie ursprünglich hervorgingen, in einer Art und Weise gesellschaftlich verankert sind wie es für eine Franchise nach dem amerikanischen System kaum zu erreichen wäre. Hinzu kommt, dass die USA geographisch wie geschichtlich einen ganz anderen Kontext darstellen. Das schlägt sich natürlich dann auch in den Rivalitäten mit anderen Vereinen nieder, die im Fußball oft weit über das Geschehen auf dem Rasen hinausgehen. In den großen, westeuropäischen Top Ligen ist das freilich nicht mehr ganz so ausgeprägt wie einst, aber gewisse "Altlasten" (die für mich irgendwo auch das Salz in der Suppe sind) haben da bis heute überdauert.


    Lange Rede, kurzer Sinn: Äpfel und Birnen. :mrgreen:


    Wie kann es im Sport heutzutage noch um Politik, Religion, Weltanschauung oder ähnliches gehen?


    Und das so kurz vor den Olympischen Spielen ... :mrgreen:

  • Und das so kurz vor den Olympischen Spielen ... :mrgreen:

    Ich formuliere es um: Wie kann es soetwas unter den Fans geben, die sich dann aber umdrehen und dieses oder ähnliches Verhalten bei Politikern kritisieren ;) Schizophrenie? Alzheimer? Demenz? :mrgreen:

    Edit:

    Zitat

    Das Thema wird leider in den letzten Jahren ziemlich hochsterilisiert

    Den kapier sogar ich als "Yankee". :mrgreen:

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    Einmal editiert, zuletzt von ExMem004 (13. Januar 2014 um 21:50)

  • Zitat von [TheDude];1316135

    Vielleicht ist der Unterschied zu den Amis einfach auch, dass man in der Regel ein Team hat zu dem man steht und nicht mindestens 4 wie die meisten in Amerika. Damit konzentriert sich das "Fan-Sein" auf eine Mannschaft und man ist mit viel mehr Emotion dabei, was nicht bedeuten soll, dass Amerikaner schlechte Fans sind. Meine Theorie..

    Hat man denn in Amerika wirklich mindestens vier Teams, das heißt interessiert sich wirklich fast jeder für so viele Sportarten bzw. Ebenen (College/Pro)? Oder suchen sich die meisten nicht eher nur ein, zwei Sportarten aus, die sie intensiv und mit Herzblut verfolgen, während ihnen der Rest wenig bedeutet? Das sind keine rhetorischen Fragen, ich wüsste das wirklich gern.

  • Weil mir das gerade, beim Überfliegen des Posts, noch einmal aufgefallen ist und ich es vorhin vergessen hatte:

    Welche Existensängste bei den Fans? Ein Abstieg in die Zweite Liga bedeutet ja nicht, dass sich der Verein auflöst. Selbst die Münchner Löwen gibt es noch :mrgreen:

    Existenzängste bei den Angestellten? Sicherlich. Bei den Fans? Dem Gedankengang kann ich im Moment nicht folgen. Fasse ich den Begriff zu eng? Ist da etwas umgangssprachliches, was ich nicht kenne? Alles übrgens ernst gemeinte Frage ohne jegliche Ironie. Ich lernte, dass man das im Internet durchaus des Öfteren erklären muss ;)

    "Existenzängste" in doppelter Hinsicht, nur einmal wirklich ernst gemeint. Für den Verein bedeutet ein Abstieg in der Regel den Zerfall der Mannschaft, da die allermeisten Verträge der Spieler nur für die erste (bzw. zweite oder dritte) Liga Gültigkeit besitzen und eine Liga tiefer schlicht nicht so viel Umsatz erzielt wird. Dann hat man maximal ein, zwei Jahre, um den (auch wirtschaftlich) nötigen Wiederaufstieg zu schaffen. Klappt das nicht, geht es auch finanziell, strukturell bergab. Schau Dir die Liste der "Traditionsmannschaften" an, die in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sind oder irgendwo in der dritten oder sogar Regionalliga herumdümpeln...Für die Fans ist das durchaus eine "Schmach", wenn man nicht mehr zu den großen im Ligageschäft zählt. Der Fan identifiziert sich ja meist mit seinem Team. Das ist die Verbundenheit, die in anderen Posts zum Ausdruck gebracht worden ist (Verwurzelung). Gibt es denn in den USA beispielsweise eine (oder mehrere) tägliche reine Sportzeitungen(eigentlich Fußballzeitungen) wie in Spanien, Italien oder Frankreich? Das zeigt doch eindrücklich den Stellenwert des Fußballs.

    Am Borsigplatz geboren.

  • Hat man denn in Amerika wirklich mindestens vier Teams, das heißt interessiert sich wirklich fast jeder für so viele Sportarten bzw. Ebenen (College/Pro)? Oder suchen sich die meisten nicht eher nur ein, zwei Sportarten aus, die sie intensiv und mit Herzblut verfolgen, während ihnen der Rest wenig bedeutet? Das sind keine rhetorischen Fragen, ich wüsste das wirklich gern.

    In meinem Freundes- und Bekanntenkreis wären 4 Teams recht hoch gegriffen. Meist sind es nicht mal 2 Sportarten, die intensiv verfolgt werden, sondern hauptsächlich Football und da eben NFL und College mit jeweils einem Team.

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  • "Existenzängste" in doppelter Hinsicht, nur einmal wirklich ernst gemeint. Für den Verein bedeutet ein Abstieg in der Regel den Zerfall der Mannschaft, da die allermeisten Verträge der Spieler nur für die erste (bzw. zweite oder dritte) Liga Gültigkeit besitzen und eine Liga tiefer schlicht nicht so viel Umsatz erzielt wird. Dann hat man maximal ein, zwei Jahre, um den (auch wirtschaftlich) nötigen Wiederaufstieg zu schaffen. Klappt das nicht, geht es auch finanziell, strukturell bergab. Schau Dir die Liste der "Traditionsmannschaften" an, die in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sind oder irgendwo in der dritten oder sogar Regionalliga herumdümpeln...Für die Fans ist das durchaus eine "Schmach", wenn man nicht mehr zu den großen im Ligageschäft zählt. Der Fan identifiziert sich ja meist mit seinem Team. Das ist die Verbundenheit, die in anderen Posts zum Ausdruck gebracht worden ist (Verwurzelung). Gibt es denn in den USA beispielsweise eine (oder mehrere) tägliche reine Sportzeitungen(eigentlich Fußballzeitungen) wie in Spanien, Italien oder Frankreich? Das zeigt doch eindrücklich den Stellenwert des Fußballs.

    Als Existensängste bei den Fans würde ich das nun trotz allem nicht bezeichnen. Zumindest meinem Sprachverständnis widerstrebt das. Allerdings heißt das ja nichts ;)

    Das Medium Zeitung verliert in den USA allgemein immer mehr an Bedeutung. Dafür gibt es eben vermehrt Sender, die sich ausschließlich mit dem Sport beschäftigen. Der Stellenwert des, vor allem, Footballs, ist schon enorm. Auch hier ist es für die Fans eine Schmach, jahrelang am Ende der eigenen Division rumzudümpeln. Allerdings nicht mit den Auswirkungen eines Abstiegs. Das ist schon richtig. Es bleibt allerdings das Gefühl bestehen, dass es in den USA einfach lockerer gesehen wird.

    Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr kann ich es mir eigentlich nur mit Unterschieden in der Mentalität erklären. Uns wird ja auch oft nachgesagt, wir seien sehr oberflächlich :hinterha: ;)

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  • In meinem Freundes- und Bekanntenkreis wären 4 Teams recht hoch gegriffen. Meist sind es nicht mal 2 Sportarten, die intensiv verfolgt werden, sondern hauptsächlich Football und da eben NFL und College mit jeweils einem Team.

    Die Verhältnisse sind hier aber oft so, dass eine Sportart nicht so weit aus allen anderen raussticht, wie in Deutschland der Fußball. Football ist Amerika #1, aber die Margen zu Baseball, Basketball, Hockey sind niedriger als das mit Fußball in Deutschland der Fall ist. In Philadelphia passiert es z.B. ab und zu, dass die Leute "Let's go Flyers" oder "Let's go Phillies" schreien, wenn die Eagles schlecht spielen. Kann man sich einen Nürnberger vorstellen, der bei einem Grottenkick des FCN "Let's go Ice Tigers!" schmettert?

    Thank you 62

  • Die Verhältnisse sind hier aber oft so, dass eine Sportart nicht so weit aus allen anderen raussticht, wie in Deutschland der Fußball. Football ist Amerika #1, aber die Margen zu Baseball, Basketball, Hockey sind niedriger als das mit Fußball in Deutschland der Fall ist. In Philadelphia passiert es z.B. ab und zu, dass die Leute "Let's go Flyers" oder "Let's go Phillies" schreien, wenn die Eagles schlecht spielen. Kann man sich einen Nürnberger vorstellen, der bei einem Grottenkick des FCN "Let's go Ice Tigers!" schmettert?

    Die Eagles Fans sind eh speziell :hinterha: Spaß beiseite.

    Im Soldier Field ist mir so etwas noch nicht untergekommen und in anderen Stadien wäre mir das auch nicht aufgefallen. Trotz allem hast Du sicherlich recht mit der Abstufung der Wertigkeit der Sportarten.

    Da fällt mir gerade ein: "Join the Cubs" habe ich im Soldier Field hier und da auch schon vernommen :mrgreen:

    Warum sollte dies allerdings Sprüche wie "Hass und Tod dem xyz" erklären? Was, zugegeben, eines der Extrembeispiele ist.

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  • In Philadelphia passiert es z.B. ab und zu, dass die Leute "Let's go Flyers" oder "Let's go Phillies" schreien, wenn die Eagles schlecht spielen. Kann man sich einen Nürnberger vorstellen, der bei einem Grottenkick des FCN "Let's go Ice Tigers!" schmettert?

    Echt lustig, dass du ausgerechnet dieses Beispiel wählst, denn genau das habe ich vor Jahren mal erlebt. Der Glubb war mal wieder komplett am abkacken (eine Information, die kaum dabei helfen dürfte, das betreffende Jahr herauszufinden ;)) und tatsächlich fingen die Fans an, "E-H-C, E-H-C" zu skandieren. Typisch ist das sicher nicht, aber ich bezweifle auch, ob das dein Philadelphia-Beispiel ist.

    [Dein Einwurf bringt mich übrigens auf eine andere Frage, die ich mir schon oft gestellt habe, aber dafür mache ich einen neuen Thread auf, sonst kommen wir hier noch mehr OT als wir schon sind.]

    Zurück zum Thema: Vielleicht ist es auch eine Frage des Preises. Eine Dauerkarte beim Football auf den einfachsten Plätzen kostet sehr viel mehr als eine beim Fußball. Unterschiedliche Preisniveaus ziehen unterschiedliche Fanschichten an.

    Und noch ein Punkt: MM hatte schon die Geographie angesprochen. Das kommt nicht nur bei den erwähnten Lokalrivalitäten zum Tragen, sondern generell bei den Fahrten zu den Spielen. Im deutschen Verkehrssystem ist es üblich, dass oft ganze Zugladungen von Fans stundenlang gemeinsam durch die Republik fahren und sich dabei stimmungs- und alkoholmäßig aufwiegeln. Natürlich sind die dann am Ankunftsort ganz anders drauf, als wenn sie wie in Amerika üblich in kleinen Chargen per Auto oder Flugzeug anreisen.

  • . Typisch ist das sicher nicht, aber ich bezweifle auch, ob das dein Philadelphia-Beispiel ist.

    Oh doch, das kommt schon immer mal wieder vor. Nicht nur im Football, auch in den anderen Philly-Sportarten. Beim Baseball haben sie auch schon "Let's go Eagles" geschrien. :jeck:

    Thank you 62

  • Gestern im Zusammenhang mit dem Hitzlsperger-Outing im Spiegel einen schönen Satz zum Fußball gelesen: "Beim Fußball werden von den Fans teilweise die niedersten Instinkte ausgelebt."

  • Gestern im Zusammenhang mit dem Hitzlsperger-Outing im Spiegel einen schönen Satz zum Fußball gelesen: "Beim Fußball werden von den Fans teilweise die niedersten Instinkte ausgelebt."

    Waren denn die Reaktionen auf das Outing von Basketballspieler Jason Collins im letzten Sommer bei den Amis durchweg positiv? Nicht in den Medien, sondern bei den Fans? Ich denke eher nicht und das hat auch nichts mit der Sportart zu tun.

    Was meiner Meinung nach auch noch einen Teil zu der Überhöhung von Fußball hierzulande angeht:
    Viele heutigen Fans haben als Kind und Heranwachsender selbst im Verein gespielt oder versuchen später, durch eine Mitgliedschaft in einem Verein selbst Einfluss auf seinen Verein zu nehmen. Das gibts in den USA so ja eigentlich nur in Green Bay, weil die Pro Teams natürlich alle einem Besitzer gehören, bzw. beim College die Booster den Ton angeben und der kleine Fan/Student da nichts machen kann außer schön die Halle füllen. Vielleicht spielt das auch noch eine größere Rolle, weil man eben auch mitwirken kann und Kritik am eigenen Verein auch als Kritik an sich aufgenommen wird.

    Beverly Hills 90210, Cleveland Browns 3

  • Waren denn die Reaktionen auf das Outing von Basketballspieler Jason Collins im letzten Sommer bei den Amis durchweg positiv? Nicht in den Medien, sondern bei den Fans? Ich denke eher nicht und das hat auch nichts mit der Sportart zu tun.

    Das Zitat diente mehr der Allgemeinheit, wie Fanverhalten sich im Stadion oder auch in der Sky-Kneipe zeigen kann. Speziell nach ein paar Bier bei der auch der introvertierte sonst seriöse Versicherungskaufmann auf einmal, "Schiri, Du Arschl..." schreit oder dem gegnerischen Torwart alle Flüche dieser Welt aufhalst.

  • Waren denn die Reaktionen auf das Outing von Basketballspieler Jason Collins im letzten Sommer bei den Amis durchweg positiv? Nicht in den Medien, sondern bei den Fans? Ich denke eher nicht und das hat auch nichts mit der Sportart zu tun.

    Was meiner Meinung nach auch noch einen Teil zu der Überhöhung von Fußball hierzulande angeht:
    Viele heutigen Fans haben als Kind und Heranwachsender selbst im Verein gespielt oder versuchen später, durch eine Mitgliedschaft in einem Verein selbst Einfluss auf seinen Verein zu nehmen. Das gibts in den USA so ja eigentlich nur in Green Bay, weil die Pro Teams natürlich alle einem Besitzer gehören, bzw. beim College die Booster den Ton angeben und der kleine Fan/Student da nichts machen kann außer schön die Halle füllen. Vielleicht spielt das auch noch eine größere Rolle, weil man eben auch mitwirken kann und Kritik am eigenen Verein auch als Kritik an sich aufgenommen wird.

    Und in D hast du als Mitglied irgendeinen Einfluss auf die Entscheidungen in Muenchen, Dortmund, oder bei irgend einem Bundesliga Verein? :paelzer:
    Da duerfte die Verbundenheit zum aktuellen/ehemaligen College in den USA doch um einiges groesser sein.

    -- Die zweite Heirat ist der Triumph der Hoffnung über die Erfahrung --

  • Und in D hast du als Mitglied irgendeinen Einfluss auf die Entscheidungen in Muenchen, Dortmund, oder bei irgend einem Bundesliga Verein? :paelzer:


    Selbstverständlich.


    Ob die Mitglieder ihre Rechte dann auch wahrnehmen oder sich damit begnügen die Vorschläge der Führungsriege durchzuwinken, liegt aber dann an ihnen.

  • Selbstverständlich.


    Ob die Mitglieder ihre Rechte dann auch wahrnehmen oder sich damit begnügen die Vorschläge der Führungsriege durchzuwinken, liegt aber dann an ihnen.

    Theoretisch hast du natuerlich recht. Allerdings bezweifle ich dass ein Hoeness oder wer auch immer dafuer zustaendig ist sich gross darum kuemmern was der gemeine Stehplatzbesucher so moechte. Ich kenn mich im Fussball nun gar nicht mehr aus, aber da dies inzwischen auch Wirtschaftsunternehmen sind wird wie ueberall von oben die Richtung vorgegeben. Alles andere ist doch Utopie.

    -- Die zweite Heirat ist der Triumph der Hoffnung über die Erfahrung --

  • Für die ausgegliederten Fußballabteilungen trifft das natürlich zu, aber beim dazugehörigen Verein, der nach der sagenumwoben 50 + 1 Regel stets die Stimmenmehrheit über seine Fußballabteilung behält, herrscht nach wie vor das Vereinsrecht. Diese Ausgliederungen setzten freilich ebenfalls zuerst der Zustimmung der Mitglieder voraus.

    Und so ist auch ein Herr Hoeneß auf die Stimmen der Mitglieder angewiesen - zumindest wenn er Präsident bleiben will. Davon mal abgesehen, dass die Wahlen bei Bayerns Jahreshauptversammlungen immer ähnlich spannend sind wie SED Parteitage - von der Bühne und grob nach Augenmaß geschätzte Gegenstimmen- und Enthaltungszahlen inklusive. :hinterha: Aber auch hier waren die Fans bei Angelegenheiten wie dem Einstellen der Zusammenarbeit mit ViaNoGo oder der Satzungsänderung bezüglich dem Verkauf weiterer Anteile (der Fußball AG) unmittelbar beteiligt.


    Bei anderen Vereinen schaut die Sache aber dann schon durchaus anders aus wie dir die hier ansässigen HSV Fans sicher gerne erläutern werden. :tongue2:

    2 Mal editiert, zuletzt von ExMem018 (14. Januar 2014 um 22:05)

  • Theoretisch hast du natuerlich recht. Allerdings bezweifle ich dass ein Hoeness oder wer auch immer dafuer zustaendig ist sich gross darum kuemmern was der gemeine Stehplatzbesucher so moechte. Ich kenn mich im Fussball nun gar nicht mehr aus, aber da dies inzwischen auch Wirtschaftsunternehmen sind wird wie ueberall von oben die Richtung vorgegeben. Alles andere ist doch Utopie.

    Da hast du in soweit natürlich Recht, da in den meisten Vereinen die Profi-Mannschaften inzwischen in Kapitalgesellschaften ausgegliedert sind. Da bestimmt dann der Vorstand bzw. der Aufsichtsrat und die Mitglieder haben da nicht mehr unbedingt das Mitspracherecht, nur dem haben sie auch alle vorher auf einer Mitgliederversammlung zugestimmt.
    Nur das beste Gegenbeispiel ist der HSV, da ist es nicht so, und de grösste Abteilung im Verein ist der Supporters-Club, der da so einiges blockiert und wo eigentlich nichts voran geht.
    Nicht umsonst wird da auf der nächsten Mitgliederversammlung versucht das Model HSV-Plus durch zusetzen, was auch eine Ausgliederung der Profiabteilung vorsieht.

  • Für die ausgegliederten Fußballabteilungen trifft das natürlich zu, aber beim dazugehörigen Verein, der nach der sagenumwoben 50 + 1 Regel stets die Stimmenmehrheit über seine Fußballabteilung behält, herrscht nach wie vor das Vereinsrecht. Diese Ausgliederungen setzten freilich ebenfalls zuerst der Zustimmung der Mitglieder voraus.

    Und so ist auch ein Herr Hoeneß auf die Stimmen der Mitglieder angewiesen - zumindest wenn er Präsident bleiben will. Davon mal abgesehen, dass die Wahlen bei Bayerns Jahreshauptversammlungen immer ähnlich spannend sind wie SED Parteitage - von der Bühne und grob nach Augenmaß geschätzte Gegenstimmen- und Enthaltungszahlen inklusive. :hinterha: Aber auch hier waren die Fans bei Angelegenheiten wie dem Einstellen der Zusammenarbeit mit ViaNoGo oder der Satzungsänderung bezüglich dem Verkauf weiterer Anteile (der Fußball AG) unmittelbar beteiligt.


    Bei anderen Vereinen schaut die Sache aber dann schon durchaus anders aus wie dir die hier ansässigen HSV Fans sicher gerne erläutern werden. :tongue2:

    O.K., du warst schneller :smile2:

  • Das Zitat diente mehr der Allgemeinheit, wie Fanverhalten sich im Stadion oder auch in der Sky-Kneipe zeigen kann. Speziell nach ein paar Bier bei der auch der introvertierte sonst seriöse Versicherungskaufmann auf einmal, "Schiri, Du Arschl..." schreit oder dem gegnerischen Torwart alle Flüche dieser Welt aufhalst.

    Also bei den Islanders bekommen die Refs bei jedem Penalty der gegen das Heimteam gepfiffen wird ein schönes "Asshole! Asshole!" zu hören. Und ich behaupte jetzt einfach mal - ohne dies allerdings belegen zu können - dass da sicherlich auch der ein oder andere seriöse Geschäftsmann darunter ist.